Venedig kennen wir – aber nur zu zweit! Für unseren ersten Städtetrip mit zwei Kleinkindern suchten wir uns anscheinend ganz und gar kein Anfänger-Projekt: Die gängigen Reiseführer sagten erstaunlich wenig bis gar nichts zum Thema "Venedig mit Kindern" und als einzigen wiederkehrenden Tipp hörten wir überall: fahrt doch auf den Lido und macht eine Fahrradtour! Echt jetzt? Raus aus der Stadt? Das soll´s also sein?
Können Kinder wirklich nichts mit der Stadt anfangen? Braucht man tatsächlich Strand und Spielplätze, um den Kindern Venedig schmackhaft zu machen? Wir haben es gewagt und sind schließlich fünf Tage in der Stadt geblieben. Es war aufregend, exotisch, wunderbar und auch für uns an vielen Stellen neu. Und sicher nicht langweilig! Eine Menge Eindrücke, die allen bleiben werden - auch den Kleinsten!
Venedig mit Kinderaugen
"Venedig ist cool, weil es so viele Schiffe gibt und keine Straßen und Autos und Ampeln", hat unser Sohn am ersten Abend festgestellt. Das wird ihm zwar sicher sehr eindrücklich in Erinnerung bleiben, aber auch so viel anderes haben wir in uns aufgenommen...
Venedig ist ein Ort, den man mit allen Sinnen, mit dem ganzen Körper erlebt. Neue Gerüche von Seetang und altem Gemäuer. Geräusche von Motorbooten in engen Kanälen und Wellen, die an die Kanalwände schlagen. Das schwankende Gefühl auf den Anlege-Pontons und der mutige Sprung aufs Vaporetto. Das leicht wacklige Gefühl bei den ersten Schritten nach dem Aussteigen. Die endlosen engen Gassen, manchmal so schmal, dass selbst ein Kind beide Seiten gleichzeitig berühren kann. Und dann im Wechsel riesige Plätze, allen voran der gigantische Markusplatz, so groß wie ein Fußballfeld. Die unzähligen Brücken mit ihrem Treppauf-Treppab. Die ausgewaschenen Farben der Häuser und die verschiedenen Töne von Sonne und Schatten in den Gassen. Unebene Steinböden mit vom Karneval liegengebliebenem Konfetti in den Fugen...
Bei unserem ersten Mal "Venedig mit Kindern" hat es uns Eltern nun richtig gut getan, die Stadt einmal genauso mit allen Sinnen zu erleben. All das nehmen wir in uns auf als unser ganz eigenes „Venedig“. Und auch unsere kleinen Kinder werden sich an diese sinnlichen Eindrücke später noch erinnern können. Venedig kann man sowieso nicht verstehen, man kann es nur fühlen. Und wird es nie vergessen!
Reisevorbereitung und Packen
Als Vorbereitung unserer Reise haben wir gemeinsam dieses
Bilderbuch aus der "Komm-mit!"-Reihe und den Klassiker "
Lavendel in Venedig" angeschaut. Beides eine gute Einstimmung für Venedig mit Kindern.
Insgesamt sollte man eher
sparsam packen, denn das Gepäck muss jeder vom Bahnhof oder Schiffsanleger selbst zum Hotel tragen! Verbrauchsmaterial wie Windeln, Milchpulver, Brei usw. lassen sich im Supermarkt nachkaufen.
Auch wenn es Frühling ist, sollte man unbedingt
warme und wetterfeste Kleidung und Schuhe mitnehmen, denn es kann sehr zugig und feucht werden. Stichwort: Zwiebelsystem! Natürlich sollte man trotzdem seinen Stil nicht zuhause lassen und im typischen Touristenstyle anreisen: die Venezianer sind wie alle Italiener sehr schick - da wollen wir doch nicht negativ auffallen!
Als Vorbereitung kann man anhand eines Reiseführers überlegen, was man sehen will, sollte sich aber
nicht zu viel vornehmen! Die Entfernungen sind zwar eigentlich nicht groß, aber wer sich durch Venedig mit Kindern bewegt, merkt schnell: Abkürzungen sind nicht möglich - plötzlich ist wieder ein Kanal im Weg! Also lieber einzelne Highlights raussuchen und den Rest
spontan vor Ort entscheiden.
Anreise
Von Süddeutschland aus finden wir
Zugfahren die beste Wahl. Die österreichischen Züge haben noch gemütliche alte Abteile mit "Liegewiese" und aus dem Zugfenster kann man die sich langsam verändernde Landschaft, die Berge und später das Meer sehen. Sechs Stunden sind relativ lang, aber die Einfahrt in den Endbahnhof Venezia - Santa Lucia ist dann alles wert: dort steht man direkt am Canal Grande und ist sofort mittendrin im venezianischen Leben.
Der
Nachtzug fährt übrigens auch nach Venedig, allerdings ist die Abfahrt ab München erst kurz vor Mitternacht und deshalb für Familien mit Kleinkindern etwas kompliziert.
Wer von weiter weg kommt, kann inzwischen auch
fliegen. Das Schiff bringt einen vom Flughafen zum Anleger S. Marco.
Unterkunft
Hotelzimmer in Venedig sind meist relativ klein und teuer - da zeigt sich einfach der begrenzte Platz. Für Familien bieten sich
AirBnB- oder Ferienwohnungen an. Viele Hotels haben auch
kleine Appartements für vier oder mehr Personen. Der Schlüssel wird an der Hotelrezeption abgeholt, das Appartement liegt ein paar Häuser weiter.
Unser Appartement war in Canareggio, einer für venezianische Verhältnisse recht "un-touristischen" Ecke mit vielen Familien.
Die Stadtviertel Venedigs haben alle ihren eigenen Charme und man kann eigentlich nicht komplett falsch wohnen. Mit Kindern ist aber die
Nähe zu einem Schiffanleger der Linie 1 unbedingt zu empfehlen! Sowohl beim Ankommen mit Gepäck, Buggy und womöglich quengelnden Kindern, wie auch am Ende eines langen Tages-Spaziergangs: die Linie 1 fährt den ganzen Canal Grande ab, d.h. einfach aufs Schiff springen und schon ist man zuhause!
Orientierung
Die Markierung auf den Hauptwegen ist sehr praktisch und intuitiv: an fast jeder Hausecke markiert ein
Wegweiser entweder "Piazzale Roma/Ferrovia" oder "San Marco" - hier gibt es nur zwei Richtungen! Ein
kleiner Stadtplan ist aber ergänzend auch für erfahrene Venedig-Besucher zu empfehlen, insbesondere wenn man sich abseits der Haupt-Touristenmassen bewegen will. Allgemein gilt allerdings: ruhig auch mal
treiben lassen, dann findet man die größten Schätze!
In Venedig mit Kindern sollte man die verwinkelten Gassen und überfüllten Plätze nicht unterschätzen! Die Kleinen haben hier noch weniger Überblick als wir und sind plötzlich wie vom Erdboden verschluckt - so geschehen bei meiner kleinsten Schwester mit damals vier Jahren!
Deshalb haben wir unserem Dreijährigen eine kleine Löwen-Figur mit
Telefonnummer und Name in die Jackentasche gesteckt und eingeschärft, dass er den Löwen im nächsten Café oder Geschäft vorzeigen soll, wenn er uns verlieren sollte. Zum Glück wurde er nie gebraucht!
Fortbewegung
Venedig erlebt man am Besten
zu Fuß! Für die Linienschiffe, genannt
Vaporetto, haben wir deshalb nur Einzeltickets für 7,50 Euro gekauft. Die Tageskarte (20 Euro) oder der Dreitagespass (40 Euro) hätten sich für uns lange nicht gelohnt. Hier also unbedingt nachrechnen!
Auch die
Gondeln sind sehr faszinierend. Allerdings dürfen Kinderwägen nicht mit, die Touren dauern ziemlich lang und sind vor allem wirklich teuer. Wir sind ja keine Honeymooner! Fürs Erlebnis ist ein
Traghetto deshalb viel einfacher und günstiger. An einigen Stellen überqueren diese Gondeln so den Canal Grande. Hier gibt’s kein geschmettertes "Solemio" und keinen Samtsitz – sondern einfach nur „einmal Übersetzen, bitte!“
Venezianische Kinder fahren alle
Roller! Hätten wir das geahnt, hätten wir unseren Microscooter sicher mitgenommen. So musste der Große halt laufen und hat das insgesamt auch anstandslos mitgemacht. Genial, wenn man aber am Schluss des Tages das Schiff zurück ins Hotel nehmen kann!
Für Städtereisen mit Baby empfiehlt sich ein gut gängiger
Buggy oder sogar Kinderwagen. Wir hatten unseren Joolz dabei, weil er zum Liegen einfach am bequemsten scheint, zum Schieben für lange Strecken am Besten geeignet ist und große Luft-Hinterreifen zum Treppensteigen hat.
Rückenschonend für alle!
Wer bis jetzt nicht der
Tragetuch-Typ war, könnte es in Venedig mit Kindern werden: es müssen viele Brücken überquert werden! Und wer trotzdem seinen Kinderwagen mitnimmt, sollte nicht hoffen, dass einem jemand behilflich ist. Da sind sich wohl alle Venezianer einig: wer schwere Lasten, Koffer oder Kinder befördert, muss sich hier selber ums Treppauf-treppab kümmern!
Verpflegung
Ja, es gibt auch
Supermärkte in Venedig! Aufgrund des Denkmalschutzes springen sie nicht so direkt ins Auge, aber auf google-maps findet man sie doch zuverlässig. In unserem
Lieblings-Supermarkt im ehemaligen Theater kauft man nun stilvoll unter Deckenfresken ein. Es gibt für Babies und Kinder die üblichen Windeln (Pampers), Milchpulver (Aptamil) und Breigläser. Nur die geliebten Quetschies haben wir nicht gefunden!
Venedig mit Kindern - Teil II
Venedig - kennen wir zwar gut zu zweit, haben es aber zu viert noch einmal ganz neu kennen und lieben gelernt! Und da würden wir jedem Reiseführer widersprechen, der bei Tipps zu "Venedig mit Kindern" nur Bootsausflüge und Eisessen vorschlägt! Das gab es bei uns auch, aber noch viel mehr... Im nächsten Artikel
VENEDIG MIT FAMILIE gibt es die besten Tipps fürs Tagesprogramm und Unternehmungen: Frühstück, Kaffeetrinken, Eisessen, Essengehen, Venedig bei Nacht, Shopping, Museen, Sehenswürdigkeiten, Kirchen, Plätze, Grünflächen und ja, auch: Spielplätze!